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Abstrakte Schadensberechnung in der Wohngebäudeversicherung

 

So kämpfen Sie erfolgreich um Ihre Entschädigung

Zuerst müssen wir klären, wieso die Versicherung die Entschädigung nicht zahlen möchte. Die Antwort liegt oft darin, dass die tatsächlichen Reparaturkosten niedriger sind als der Neuwert des Hauses. Die Neuwertversicherung argumentiert, dass sie nicht verpflichtet ist, den Neuwert auszuzahlen, wenn die tatsächlichen Wiederherstellungskosten darunter liegen. Doch diese Wertung ist versicherungsvertragsrechtlich falsch.

 

Wiederherstellungsklausel: Ihr Schlüssel zur Entschädigungssicherung

Um sicherzustellen, dass Sie die volle Entschädigung erhalten, gibt es die Wiederherstellungsklausel. Diese Klausel besagt, dass Sie Anspruch auf die Entschädigung haben, solange Sie innerhalb von 3 Jahren nach Eintritt des Schadens sichergestellt haben, dass die Entschädigung zur Wiederherstellung des Hauses in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle verwendet werden. Die Sicherstellung wird so verstanden, dass der Wille zur Wiederherstellung ernsthaft –etwa durch Vergabe von Bauleistungen– zum Ausdruck kommen muss und daher mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine bestimmungsgemäße Verwendung der Entschädigung erwartet werden kann (vgl. BGH, NJW– RR 2004, 753 = VersR 2004, 512).

Wir verweisen hier auch auf die sicherlich bekannte Entscheidung des BGH vom 20.07.2011– IV 4 ZR 148 / 10. Wie der BGH ausführt kann der Versicherungsnehmer einer Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert die Neuwertspanne auch dann verlangen, wenn die tatsächlichen Aufwendungen für die Wiederherstellung des versicherten Gebäudes günstiger als der Neuwert waren. Auch weitere rechtliche Urteile* stützen die Entscheidung des BHG. Hier greift dann der Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung.

Was ist die abstrakte Schadensberechnung?

Die abstrakte Schadensberechnung ist ein rechtlicher Ansatz, der darauf abzielt, die tatsächlichen Kosten außer Acht zu lassen und stattdessen die von örtlichen Handwerkern berechneten Kosten als Grundlage für die Entschädigung zu verwenden. Klingt verwirrend? Wir machen es klar: Dieser Ansatz ermöglicht es, Einsparungen zu berücksichtigen, die Sie erzielen können. Zum Beispiel können dies günstigere Handwerker oder sogar die Einsparung durch Eigenleistungen sein.

Gierschek führt dazu aus:
Es werden die Preise zugrunde gelegt, die am Versicherungsort (…) ansässige und tätige Bauhandwerker berechnen. Es kommt infolgedessen nicht darauf an, welche Reparaturkosten die Beseitigung des Schadens beim Versicherungsnehmer tatsächlich verursacht. (…) Fallen höhere Kosten an, gehen sie zulasten des Versicherungsnehmers. Einsparungen kann der Versicherungsnehmer in Anspruch nehmen. (…) In diesen Fällen kann der Versicherungsnehmer Einsparungen dadurch erzielen, dass er die Reparatur durch andere preiswertere Handwerker bzw. durch Schwarzarbeiter vornehmen lässt oder selbst repariert.“
(Gierschek in Dietz Fischer Gierschek Wohngebäudeversicherung Kommentar § 13 A Entschädigungsberechnung Rn. 33)

Achtung:  Überkompensation vermeiden

Die Neuwertversicherung soll den tatsächlichen finanziellen Schaden decken, den Sie erleiden, wenn Sie Ihr beschädigtes Haus zu den höheren Neuwertkosten reparieren. Doch dabei geht es nicht darum, auch Verbesserungen am Haus zu finanzieren. Diese Aufwendungen werden durch die o.g. Wiederherstellungsklausel  ausgeschlossen. Dies geschieht aus mehreren Gründen. Zum einen will man verhindern, dass jemand extra Schaden verursacht, um finanziell davon zu profitieren. Zum anderen soll verhindert werden, dass Interesse an der bewussten Zerstörung des Hauses geweckt wird (BGH, NJW– RR 1990, 920 = VersR 1990, 488 m.w.N.).

Expertenrat: Klare Kommunikation mit Ihrer Versicherung

Wenn die Versicherung den Weg zur Entschädigung erschwert und Sie vor Hindernisse stellt, ist es wichtig, die abstrakten Regelungen zu durchschauen und klar mit Ihrer Versicherung zu sprechen. Denken Sie daran, dass Kraemer.Law Ihnen gerne professionelle Unterstützung im Versicherungsrecht bietet.

 
 

 Das sollten Sie nun tun!

  1. Verständnis der Ablehnung: Klären, warum die Versicherung die Entschädigung verweigert, oft aufgrund niedrigerer tatsächlicher Reparaturkosten im Vergleich zum Neuwert.
  2. Wiederherstellungsklausel nutzen: Innerhalb von 3 Jahren nach dem Schaden den Willen zur Wiederherstellung dokumentieren und sicherstellen, dass die Entschädigung für die Wiederherstellung verwendet wird.
  3. Abstrakte Schadensberechnung: Statt tatsächlicher Kosten örtliche Handwerkerkosten als Grundlage verwenden, um Entschädigung zu berechnen und mögliche Einsparungen zu berücksichtigen.
  4. Überkompensation vermeiden: Klare Unterscheidung zwischen tatsächlichen Reparaturkosten und Verbesserungskosten treffen, um Überkompensation zu verhindern.
  5. Klare Kommunikation: Bei Hindernissen in der Entschädigungskommunikation mit der Versicherung klar und verständlich sein.
  6. Expertenrat einholen: Bei komplexen rechtlichen Fragen und Hindernissen professionelle Unterstützung im Versicherungsrecht, z.B. von Kraemer.Law, in Anspruch nehmen.
 
 

Fazit

Abschließend lässt sich zusammenfassen: Der Artikel verdeutlicht die Frustration, die aufkommt, wenn unerwartete Schäden am Eigenheim auftreten und die Wohngebäudeversicherung die volle Entschädigung verweigert. Doch die Lösung liegt in Reichweite. Hierbei spielt die Wiederherstellungsklausel eine entscheidende Rolle, da sie die Entschädigung sichert, solange der Wille zur Wiederherstellung des Hauses in gleicher Art und Zweckbestimmung ernsthaft nachgewiesen wird – auch wenn die Kosten unter dem Neuwert liegen. Durch die abstrakte Schadensberechnung als rechtliche Methode werden zudem mögliche Einsparungen berücksichtigt. 

*OLG Köln, NJW– RR 1994, 607 = R + S 1994, 146; Staudinger, in: Münchner Kommentar zum VVG, § 93 Rdnr. 17; Armbrüster, in: Prölls/Martin, VVG, 28. Auflage, § 93 RdZ 21; Kollhosser, in: Prölls/Martin, VVG, 27 Auflage, § 97 Rdz. 10; Römer/Langheid, VVG, 2. Auflage, § 97 Rdz. 18; Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Auflage, R IV Rdz. 56 ff. ; jeweils mit weiteren Nachweisen.

 
 
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