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Berufsunfähigkeitsversicherung: Gericht bestätigt Fortbestand trotz Rücktritts-und Kündigungsversuch des Versicherers

In einem aktuellen Urteil hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass eine
Berufsunfähigkeitsversicherung trotz Rücktritt, Kündigung und Anfechtung durch den
Versicherer unverändert fortbesteht. Der Fall beleuchtet die hohen Anforderungen an
Versicherer, wenn sie sich nach Vertragsschluss auf angebliche falsche Angaben
des Versicherten berufen.

Der Fall: Versicherung besteht auf versäumte Anzeigepflicht

Im Jahr 2020 hatte eine Versicherungsnehmerin bei einem Vertreter einer großen
Versicherungsgesellschaft mehrere Verträge abgeschlossen, darunter auch eine
Berufsunfähigkeitsversicherung. Wie in solchen Anträgen üblich, wurden
Gesundheitsfragen gestellt. Streitpunkt war später insbesondere die Frage, ob die
Versicherungsnehmerin ihre bestehende Diabeteserkrankung korrekt angegeben
hatte.

Der Versicherer behauptete, die Kundin habe diese Erkrankung verschwiegen. Die
Versicherungsnehmerin hingegen trug vor, sie habe die Krankheit genannt, der
Vertreter habe die Antwort jedoch nicht korrekt in den Antrag aufgenommen. Sie
habe auch keine Möglichkeit gehabt, den elektronisch erfassten Antrag vor der
Unterschrift vollständig einzusehen.

Konflikt zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung eskaliert

Mehrere Jahre nach Vertragsschluss kam es in einer anderen Versicherungssparte
zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien. In diesem Zusammenhang erklärte der
Versicherer im Dezember 2023 den Rücktritt vom Berufsunfähigkeitsvertrag,
hilfsweise dessen Kündigung. Später folgte zusätzlich die Anfechtung wegen
angeblicher arglistiger Täuschung.

Die Versicherungsnehmerin wehrte sich gerichtlich gegen diese Maßnahmen. Sie
machte geltend, dass sie bei Antragstellung ihre Vorerkrankung offengelegt habe
und daher keine falschen Angaben vorlägen.

Das Landgericht Hamburg stellte fest, dass der Vertrag fortbesteht und durch keine
der Erklärungen des Versicherers beendet wurde.

Die Richter führten aus, dass Rücktritt, Kündigung oder Anfechtung nur wirksam
seien, wenn eine Anzeigepflichtverletzung nachweisbar sei, also eine objektiv
falsche Beantwortung einer Gesundheitsfrage feststehe. Für diesen Umstand trage
der Versicherer die volle Darlegungs- und Beweislast. Der Beweis kann nicht allein
durch die vorvertraglich auszufüllenden Gesundheitsfragen erbracht werden, wenn
der Vertreter diese für seinen Kunden ausgefüllt hat.

Im konkreten Fall konnte der Versicherer nicht beweisen, dass die Kundin die
Gesundheitsfragen unrichtig beantwortet hatte.

Was ist die Anzeigepflicht im Versicherungswesen?

Die Anzeigepflicht ist eine zentrale Pflicht des Versicherungsnehmers beim Abschluss eines Versicherungsvertrags. Sie verpflichtet den Kunden, alle wesentlichen Tatsachen und Risiken wahrheitsgemäß und vollständig anzugeben, die für die Entscheidung des Versicherers über den Vertragsabschluss oder die Prämienhöhe relevant sind. Dazu gehören insbesondere bestehende Vorerkrankungen, frühere Krankheiten oder besondere berufliche Risiken.

Warum ist die Anzeigepflicht wichtig?

Versicherer kalkulieren Beiträge und Vertragsbedingungen auf Grundlage der angegebenen Risiken. Werden Risiken verschwiegen oder falsch dargestellt, kann der Versicherer unter bestimmten Bedingungen den Vertrag anfechten, kündigen oder vom Vertrag zurücktreten. Das schützt die Versicherung davor, durch unvollständige Informationen zu hohe Leistungen zahlen zu müssen.

Besonderheiten:

  • Verschuldensunabhängig: Auch unbeabsichtigte Fehler oder Vergessen können problematisch sein, sofern sie die Entscheidung des Versicherers beeinflussen würden.
  • Beweislast: Im Streitfall muss der Versicherer nachweisen, dass die Angaben tatsächlich falsch oder unvollständig waren. Unsicherheiten gehen zulasten des Versicherers.

Fazit

Das Landgericht Hamburg hat mit seiner Entscheidung ein wichtiges Signal gesetzt:
Versicherungsverträge können nicht leichtfertig nachträglich beendet werden.
Rücktritt, Kündigung oder Anfechtung setzen voraus, dass der Versicherer klare
Beweise für eine Pflichtverletzung des Kunden vorlegen kann. Bleiben Zweifel, etwa

weil ein Vertreter den Antrag ausgefüllt hat und unklar ist, was tatsächlich gesagt
wurde, gehen diese zulasten des Versicherers.

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