Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 13.11.2024 – IV ZR 212/23 eine Revision in einem besonders praxisrelevanten Fall der Wohngebäudeversicherung zugelassen. Streitpunkt ist die Frage, ob Schwammschäden (z. B. durch Porenschwamm) infolge eines Leitungswasserschadens durch pauschale Ausschlussklauseln vom Versicherungsschutz ausgenommen werden dürfen. Die Entscheidung betrifft nicht nur die klagende Versicherungsnehmerin, sondern hat grundsätzliche Bedeutung für Hausbesitzer, Handwerksbetriebe und die Versicherungsbranche.
Was ist ein Hausschwammbefall?
Was ist Hausschwamm?
Hausschwamm ist ein holzzerstörender Pilz, der insbesondere in feuchten Gebäudebereichen vorkommt. Er befällt tragende Holzbalken, Fachwerk, Dielen oder Decken und kann die Stabilität eines Hauses erheblich beeinträchtigen. Unbehandelt schwächt der Pilz die Bausubstanz zunehmend und kann zu erheblichen Sanierungskosten führen.
Wie entsteht Schwamm?
Hausschwamm entsteht, wenn Holz über längere Zeit feucht bleibt, typischerweise nach Leitungswasserschäden, eindringendem Regenwasser, undichten Dächern oder feuchten Kellern. Die Pilzsporen dringen in das Holz ein, entwickeln ein feines Geflecht (Myzel) und zersetzen die Holzstruktur. Da der Pilz oft unsichtbar in Wänden oder Decken wächst, bleibt ein Befall lange unentdeckt, bis die Schäden sichtbar werden.
Typische Gefahren für Gebäude
- Zerstörung tragender Holzteile
- hoher Sanierungsaufwand
- Wertverlust der Immobilie
- Gesundheitsrisiken
- Strukturelle Folgeschäden
Hinweis: Je früher ein Hausschwammbefall erkannt wird, desto besser lassen sich Folgeschäden begrenzen.
Der konkrete Fall vor dem BGH: Schaden durch Schwammbefall nach Wasseraustritt
Im konkreten Fall erlitt ein in Holzrahmenbauweise errichtetes Wohnhaus einen länger unbemerkten Leitungswasserschaden, in dessen Folge sich ein Befall mit weißem Porenschwamm entwickelte. Der Versicherer verweigerte die Regulierung unter Berufung auf eine Klausel, wonach „Schäden durch Schwamm“ generell ausgeschlossen seien.
Das Oberlandesgericht Köln folgte dieser Sichtweise. Der BGH hingegen hat die Entscheidung mit deutlichen Worten aufgehoben: Ob Schwammschäden nicht typische oder regelmäßig zu erwartende Folgeschäden eines versicherten Leitungswasseraustritts sind, hätte nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens entschieden werden dürfen.
Der BGH betont: Eine Versicherungsklausel, die typische Schadensfolgen eines versicherten Risikos ausnimmt, unterliegt der AGB-rechtlichen Kontrolle (§ 307 BGB). Die Versicherung von Leitungswasserschäden ist ein zentrales Leistungsversprechen in Wohngebäudepolicen. Kommt es infolge der Durchfeuchtung zu Schwamm- oder Pilzbefall, müssen Versicherungsnehmer grundsätzlich auf den Schutz vertrauen können, sofern die Schäden ursächlich auf das versicherte Ereignis zurückgehen.
Gerade bei Holzhäusern, Fachwerkhäusern oder Plisterdecken ist die Entstehung von Schwammbefall nach längerem Wassereintritt nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich. Die Ausschlussklausel, auf die sich der Versicherer stützte, könnte daher eine unangemessene Benachteiligung darstellen.
Rechtliche Kernfrage: Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen und ihre Grenzen
Schäden durch Hausschwamm sind typische Folgeschäden
Der Bundesgerichtshof betont, dass Schäden durch Hausschwamm oft typische Folgeschäden eines versicherten Leitungswasserschadens sind. Tritt Feuchtigkeit in tragende Holzteile ein, kann sich der Pilz ungehindert entwickeln, was eine naheliegende und regelmäßig zu erwartende Folge ist. Pauschale Klauseln, die „Schäden durch Schwamm“ generell ausschließen, greifen deshalb in die berechtigten Erwartungen der Versicherungsnehmer ein und können rechtlich angreifbar sein.
Besonders bei Holzhäusern, Fachwerkbauten oder älteren Immobilien ist die Entstehung von Schwammbefall nach einem Wasserschaden nicht nur möglich, sondern sehr wahrscheinlich. Versicherungsnehmer müssen darauf vertrauen können, dass typische Folgeschäden eines versicherten Ereignisses gedeckt sind.
§ 307 BGB im Versicherungsrecht
Ausschlussklauseln in Versicherungsverträgen unterliegen der Kontrolle nach § 307 BGB. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen.
Im Fall von Leitungswasserschäden bedeutet dies:
- Typische Folgeschäden wie Hausschwamm dürfen nicht einfach pauschal ausgeschlossen werden.
- Versicherer müssen jeden Schaden individuell prüfen und die tatsächliche Ursache feststellen.
- Pauschale Leistungsverweigerungen ohne fachliche Prüfung können gegen die AGB-rechtlichen Vorgaben verstoßen.
Auswirkung von Urteilen für Versicherung und Versicherungsnehmer
Schwammschäden nicht vorschnell akzeptieren
Die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt: Versicherungsnehmer sollten sich nicht damit abfinden, wenn ihre Wohngebäudeversicherung Schwammschäden pauschal vom Schutz ausschließt. Gerade bei Schäden, die kausal auf einen Leitungswasseraustritt zurückgehen, ist die Rechtslage oft komplexer, als Versicherer sie darstellen. Betroffene Hausbesitzer sollten daher unbedingt fachanwaltlichen Rat einholen, bevor sie einen Leistungsabzug akzeptieren. So lassen sich Ansprüche sichern und teure Sanierungen finanziell absichern.
Konsequenzen für Gebäudeversicherung und mögliche Grundsatzentscheidung im Versicherungsrecht
Für die Versicherungswirtschaft hat die Entscheidung Signalwirkung: Pauschale Ausschlussklauseln, die typische Folgeschäden eines versicherten Wasserschadens abdecken, könnten rechtlich angreifbar sein.
Versicherer sind verpflichtet, die Ursachen und Folgewirkungen jedes Schadens sorgfältig zu prüfen und nicht vorschnell Leistungen zu verweigern. Die laufende Revision könnte zu einer Grundsatzentscheidung führen, die langfristig klärt, wie Schwammschäden bei Leitungswasserschäden rechtlich zu behandeln sind, ein Thema, das für Hausbesitzer, Handwerksbetriebe und Versicherungen gleichermaßen von Bedeutung ist.
So sollten Versicherungsnehmer bei Schwammschäden vorgehen
Befall und Schaden sofort dokumentieren
Jeder sichtbare Schwammbefall und alle begleitenden Schäden sollten unverzüglich dokumentiert werden. Hier helfen Fotos, Videos und schriftliche Notizen den Umfang des Schadens nachzuweisen. Eine gründliche Dokumentation ist die Basis für spätere Gutachten und Versicherungsansprüche.
Ursache (z. B. Leitungswasserschaden) fachlich durch Sachverständige und Gutachter nachweisen lassen
Damit die Versicherung den Schaden korrekt einschätzt, muss die Ursache eindeutig geklärt werden. Oft ist ein Gutachten durch einen unabhängigen Sachverständigen notwendig, um nachzuweisen, dass der Hausschwammbefall auf einen Leitungswasserschaden zurückgeht. Nur so lassen sich spätere Streitigkeiten über die Kausalität vermeiden.
Versicherungsschutz und Versicherungsbedingungen prüfen lassen
Versicherungsnehmer sollten prüfen, ob der Hausschwammbefall tatsächlich unter den Leitungswasserschaden und den vertraglich vereinbarten Versicherungsschutz fällt. Pauschale Ausschlussklauseln in den Bedingungen können rechtswidrig sein, wenn es sich um typische Folgeschäden handelt.
Keine eigenmächtige Beseitigung und Sanierung starten
Bevor die Versicherung den Schaden geprüft und ein Gutachten erstellt hat, sollten Hausbesitzer keine eigenmächtigen Sanierungsmaßnahmen ergreifen. Vorzeitige Beseitigung oder Reparaturen können die Ansprüche gefährden.
Fachanwalt einschalten, bevor Ansprüche abgelehnt werden
Kommt die Versicherung mit einem Leistungsabzug oder beruft sich auf einen Ausschluss, sollten Versicherungsnehmer unbedingt einen Fachanwalt für Versicherungsrecht hinzuziehen. So können Ansprüche sachgerecht geprüft und ggf. gerichtlich durchgesetzt werden.
Fazit: BGH stärkt Verbraucherrechte bei Wohngebäudeschäden
Die Revision vor dem OLG Köln könnte zu einer Grundsatzentscheidung für das Versicherungsrecht führen: Können Schwammschäden als Folge eines versicherten Wasserschadens gelten oder bleiben sie trotz klarer Kausalität pauschal ausgeschlossen?
Für Eigenheimbesitzer ist klar: Die richtige rechtliche Bewertung kann über viele zehntausend Euro an Sanierungskosten entscheiden.
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