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Versicherungsklage doch erfolgreich: BGH hebt Berufungsurteil zur Berufsunfähigkeit eines Schweißers auf

In einem bemerkenswerten Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall IV ZR 125/23 eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben, die die Klage eines Schweißers auf Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung abgewiesen hatte. Der Kläger führte gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund seiner beruflichen Tätigkeiten an, die das Berufungsgericht nicht hinreichend gewürdigt hatte. Das Urteil des BGH stellt einen wichtigen Fall dar, insbesondere für Versicherte, die aufgrund unzumutbarer gesundheitlicher Risiken ihre berufliche Tätigkeit nicht fortführen können.

Der Fall im Überblick: Berufsunfähigkeit durch Schweißerarbeiten

Der Kläger, ein Schweißer, machte geltend, dass er durch die berufstypische Belastung, insbesondere durch die ultraviolette Strahlung beim Schweißen, schwere Augenbeschwerden entwickelt habe. Diese Beschwerden führen letztendlich dazu, dass er seine Arbeit nicht mehr ausführen konnte. Seit 2015 sei er aufgrund dieser Gesundheitsprobleme berufsunfähig, doch das Berufungsgericht hat anders entschieden. Es wurde entschieden, dass der Kläger den Zeitraum vor seiner Kündigung nicht hinreichend dargelegt habe, und wies die Klage ab.

Ablehnung durch das Berufungsgericht: Warum der Fall zunächst scheiterte

Das Berufungsgericht argumentierte, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers erst nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses relevant geworden seien. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass eine chronische Erkrankung der Augen erst ab Januar 2016 festgestellt wurde, also nach dem Ende seiner Beschäftigung. Nach der Auffassung des Gerichts reichen die Beeinträchtigungen vor diesem Zeitraum nicht aus, um eine Berufsunfähigkeit zu begründen. Der Kläger habe es zudem versäumt, die Beschwerden ausreichend detailliert und nachvollziehbar für den relevanten Zeitraum vor seiner Kündigung darzulegen.

Entscheidung des BGH: Warum die Klage doch Erfolg hatte

Der BGH hob dieses Urteil jedoch auf. Nach Ansicht des höchsten deutschen Gerichts hatte das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers zu seinen Beschwerden nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere sei nicht ausreichend darauf geachtet worden, dass die Augenbeschwerden bereits während der aktiven Zeit als Schweißer auftraten und sich nur während arbeitsfreier Tage besserten. Der BGH stellte klar, dass es nicht nur auf die endgültige Diagnose ankomme, sondern auch auf die unzumutbaren gesundheitlichen Risiken, die bereits während der Ausübung der beruflichen Tätigkeit bestanden.

Ein weiterer entscheidender Punkt war die Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers. Der BGH stellte fest, dass das Berufungsgericht die wesentlichen Argumente des Klägers nicht hinreichend gewürdigt habe, was einen Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör darstellt.

Bedeutung des Urteils: Unzumutbare Gesundheitsrisiken und der Anspruch auf rechtliches Gehör

Das Urteil des BGH unterstreicht die Bedeutung der rechtlichen Anerkennung von unzumutbaren gesundheitlichen Risiken im Rahmen der Berufsunfähigkeitsversicherung. Es zeigt deutlich, dass es nicht nur um die völlige Unfähigkeit zur Ausübung eines Berufs geht, sondern auch um die Frage, ob die Fortsetzung der Arbeit eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit darstellt. Insbesondere bei Berufen, die mit spezifischen Gefahren verbunden sind, wie im Fall eines Schweißers, können die gesundheitlichen Belastungen so erheblich sein, dass sie als unzumutbar eingestuft werden.

Wann gilt eine Tätigkeit als gesundheitlich unzumutbar?

Eine Tätigkeit wird dann als gesundheitlich unzumutbar angesehen, wenn die Ausübung mit erheblichen Risiken für die Gesundheit einhergeht, die über die normalen beruflichen Belastungen hinausgehen. In Berufen wie dem Schweißen, wo eine ständige Exposition gegenüber gefährlichen Strahlungen, Dämpfen und anderen gesundheitsschädlichen Faktoren besteht, kann dies schnell zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen. Auch in anderen Berufsfeldern, in denen schädliche Arbeitsbedingungen die Gesundheit nachhaltig gefährden, können solche Risiken anerkannt werden. Die Rechtsprechung des BGH hat in mehreren Fällen bestätigt, dass unzumutbare Gesundheitsrisiken zur Anerkennung einer Berufsunfähigkeit führen können.

Wichtig ist auch der Aspekt der Prävention: Versicherte Personen sollten regelmäßig einen ärztlichen Rat einholen und dokumentieren, wenn gesundheitliche Risiken durch die Arbeit entstehen. Arbeitgeber sind verpflichtet, für den Schutz ihrer Arbeitnehmer zu sorgen, doch das bedeutet nicht, dass die Versicherung automatisch zahlt. Vielmehr muss der Versicherte glaubhaft machen, dass eine Fortsetzung der Arbeit eine unzumutbare gesundheitliche Gefährdung darstellen würde.

Auch psychische Erkrankungen, die durch den Arbeitsplatz bedingt sind, werden zunehmend als Grund für Berufsunfähigkeit anerkannt, sofern nachgewiesen werden kann, dass die Belastungen in einem unzumutbaren Maß zur Schädigung geführt haben. Hier kann beispielsweise Dauerstress oder Mobbing am Arbeitsplatz zur Anerkennung der Berufsunfähigkeit führen. Die Rechtsprechung hat dies in den letzten Jahren vermehrt berücksichtigt.

Zusätzlich spielt die Frage eine Rolle, ob alternative Tätigkeiten innerhalb des Berufsbildes zumutbar wären. Wenn zum Beispiel ein Schweißer nicht mehr in der Lage ist, seine Kernaufgaben auszuführen, könnten geprüft werden, ob leichtere, weniger gesundheitsgefährdende Tätigkeiten möglich wären, bevor eine Berufsunfähigkeit anerkannt wird.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör: Was Versicherte wissen müssen

Das Recht auf rechtliches Gehör ist ein zentrales Prinzip im deutschen Rechtsstaat und stellt sicher, dass jede Partei in einem gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit hat, ihre Sichtweise darzulegen und die entscheidungsrelevanten Tatsachen vorzubringen. Dies bedeutet, dass das Gericht verpflichtet ist, alle vorgetragenen Argumente und Beweismittel in seiner Urteilsfindung zu berücksichtigen. Wird dieses Recht verletzt, kann dies schwerwiegende Folgen haben, wie im Fall IV ZR 125/23. Hier hatte das Berufungsgericht die gesundheitlichen Beschwerden des Klägers nicht hinreichend gewürdigt, was den BGH dazu veranlasste, das Urteil aufzuheben.

Für Versicherte ist es besonders wichtig, ihre gesundheitlichen Einschränkungen umfassend und detailliert zu dokumentieren. Sie sollten sicherstellen, dass alle relevanten Beweismittel wie ärztliche Gutachten und Berichte vollständig eingereicht werden. Zudem muss darauf geachtet werden, dass ihre Argumente nicht nur präsentiert, sondern vom Gericht auch tatsächlich in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Sollte dies nicht geschehen, besteht die Möglichkeit, das Urteil anzufechten und auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu pochen.

Fazit: Wichtige Lehren für Versicherte aus dem Urteil IV ZR 125/23

Das Urteil des BGH bietet wichtige Lehren für Versicherte, die Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung geltend machen wollen. Es zeigt, wie entscheidend eine sorgfältige und umfassende Darstellung der gesundheitlichen Beschwerden ist. Versicherte Personen sollten ihre gesundheitlichen Einschränkungen detailliert dokumentieren und darauf achten, dass diese auch während des gesamten Verfahrens berücksichtigt werden. Besonders relevant ist der Aspekt der unzumutbaren gesundheitlichen Risiken, die als Grundlage für eine Berufsunfähigkeit anerkannt werden können.

Zusätzlich hebt das Urteil die Bedeutung des rechtlichen Gehörs hervor. Versicherte sollten darauf achten, dass ihre Argumente und Vorträge vom Gericht berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass ihre Ansprüche fair geltend gemacht werden. Die Entscheidung des BGH stellt einen wichtigen Meilenstein dar und gibt den Betroffenen Hoffnung, dass auch in komplexen Fällen eine Berufsunfähigkeit anerkannt werden kann, wenn gesundheitliche Risiken klar dargelegt werden.

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