Immer mehr Selbstständige und Gründer investieren oft mehrere zehntausend Euro in Online-Coachings oder Mentoring-Programme. Doch das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. Juni 2025 macht deutlich: Viele dieser Verträge sind rechtlich unwirksam, wenn die Anbieter keine offizielle Zulassung für Fernunterricht (ZFU) besitzen.
Das bedeutet für Teilnehmer: Zahlungen können zurückgefordert werden, und ein Widerrufrecht besteht auch dann, wenn Sie schon begonnen haben, die Inhalte zu nutzen. Dieser Schutz gilt nicht mehr nur für klassische Verbraucher sondern auch für Unternehmer, Selbstständige oder Gründer. Wer also für ein teures Coaching bezahlt hat, kann jetzt prüfen, ob sein Vertrag möglicherweise nichtig ist und eine vollständige Rückzahlung durchgesetzt werden kann.
Das Urteil des BGH zur Coaching Abzocke
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 12. Juni 2025 entschieden, dass viele hochpreisige Online-Coaching-Verträge rechtlich unwirksam sind, wenn die Anbieter keine offizielle Zulassung für Fernunterricht (ZFU) besitzen. Konkret bedeutet das: Teilnehmer können ihren Coaching-Vertrag widerrufen und Geld zurückverlangen, selbst wenn sie schon bereits geleistete Zahlungen erbracht haben.
Im konkreten Fall ging es um ein 9‑Monats-Programm, das aus Lehrvideos, Live-Calls und individuellen Coachings bestand. Der Teilnehmer, ein Selbstständiger, zahlte zunächst die Hälfte der vereinbarten Summe von 47.600 Euro. Nach nur sieben Wochen entschied er, den Vertrag zu kündigen und die Rückzahlung der bereits geleisteten Beträge einzufordern. Sowohl die Vorinstanz als auch der BGH bestätigten: Der Vertrag war von Anfang an nichtig, da die erforderliche ZFU-Zulassung fehlte.
Dieses Urteil hat Signalwirkung für die gesamte Branche: Ein Coach kann keine Vergütung verlangen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Selbst wenn bereits Inhalte genutzt oder Termine wahrgenommen wurden, besteht kein Anspruch auf Wertersatz durch den Anbieter. Das bedeutet praktisch: Wer in ein solches Coaching investiert hat, kann sein Geld zurückfordern, ohne für die erhaltenen Inhalte zahlen zu müssen.
Darüber hinaus macht das Urteil deutlich, dass Online-Coachings mit strukturierten Lehrplänen, Videos, Live-Calls oder Aufgaben grundsätzlich unter das Fernunterrichtsschutzgesetz fallen und somit eine ZFU-Zulassung benötigen. Fehlt diese, ist der gesamte Vertrag automatisch nichtig und die Teilnehmer können ihr Geld vollständig zurückverlangen.
Schutz bei Online-Coaching gilt auch für Selbstständige, Gründer und Unternehmer
Das Urteil des BGH stellt außerdem klar: Der Schutz des Fernunterrichtsschutzgesetzes gilt nicht nur für klassische Verbraucher, sondern auch für Selbstständige, Gründer und Unternehmer. Das heißt, dass auch gewerbliche Teilnehmer ihr Recht auf Rückzahlung und Widerruf des Coaching-Vertrags geltend machen können, wenn die ZFU-Zulassung fehlt. Anbieter können sich nicht auf den Status der Teilnehmer berufen, der gesetzliche Schutz ist umfassend.
Rechtliche Grundlagen: Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)
Was ist das FernUSG?
Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) schützt Teilnehmer von Online-Kursen, Coachings und Lehrprogrammen. Es regelt, unter welchen Bedingungen ein Coaching-Vertrag abgeschlossen werden darf, und sorgt dafür, dass Anbieter seriös arbeiten. Entscheidend ist die staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU): Nur wenn ein Kurs oder Coaching dort genehmigt ist, ist der Vertrag rechtlich wirksam. Ohne diese Zulassung kann der Teilnehmer seinen Vertrag widerrufen und die bereits gezahlten Beträge zurückfordern.
Kriterien für Fernunterricht
Ein Online-Coaching fällt unter das FernUSG, wenn es folgende Punkte erfüllt:
- Vermittlung von Kenntnissen: Es wird systematisch Wissen oder Know-how vermittelt, nicht nur persönliche Beratung oder Mentoring.
- Räumliche Trennung: Inhalte werden online angeboten, z. B. Videos, aufgezeichnete Calls oder Lernplattformen, die jederzeit abgerufen werden können.
- Lernerfolgskontrolle: Fortschritte werden überprüfbar, z. B. durch Hausaufgaben, Quizze oder die Möglichkeit, Fragen zu stellen (E-Mail, Live-Calls, Gruppen).
Vertrag bei fehlender ZFU Zulassung unwirksam (§ 7 Abs. 1 FernUSG)
Fehlt die offizielle ZFU-Zulassung, ist der gesamte Vertrag von Anfang an nichtig (§ 7 Abs. 1 FernUSG). Das bedeutet:
- Der Anbieter hat keinen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung.
- Teilnehmer können bereits geleistete Zahlungen vollständig zurückverlangen.
- Ein Widerruf ist jederzeit möglich, selbst wenn Inhalte bereits genutzt wurden.
Coaching-Vertrag kündigen: Praktische Tipps für Betroffene
Ist der Vertrag nichtig?
Bevor Sie rechtliche Schritte einleiten, sollten Sie prüfen, ob Ihr Coaching-Vertrag überhaupt wirksam ist. Entscheidend ist, ob das Programm strukturierte Inhalte vermittelt, also z. B.:
Lehrvideos oder andere digitale Lernmaterialien
Aufgaben, Übungen oder Hausaufgaben, die den Lernfortschritt überprüfen
Möglichkeiten zur Rückmeldung oder Fragen, z. B. per E-Mail, Live-Calls oder Gruppenplattformen
Erfüllt das Coaching diese Kriterien, fällt es unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). Fehlt die erforderliche ZFU-Zulassung, ist der Vertrag von Anfang an nichtig, und Sie können Ihr Geld zurückfordern.
Liegt eine Zulassung nach dem FernUSG vor?
Die ZFU-Zulassung ist der entscheidende Nachweis dafür, dass ein Online-Coaching rechtlich anerkannt ist. Prüfen Sie Ihren Vertrag oder die Angebotsseite auf:
- Zulassungsnummer nach § 12 FernUSG
- Hinweis auf die staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU)
- Fehlt eine solche Zulassung, gilt der Vertrag in der Regel als rechtswidrig. Anbieter ohne ZFU-Zulassung können keinen Anspruch auf Vergütung geltend machen.
Kündigung der Coaching-Verträge aussprechen und Geld zurück fordern
Wenn Ihr Coachingvertrag nicht zugelassen ist, können Sie:
- Den Vertrag formell kündigen oder widerrufen
- Bereits geleistete Zahlungen vollständig zurückverlangen auf Basis von § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung)
- Eine schriftliche Forderung mit Fristsetzung einreichen, um die Rückzahlung zu sichern
Tipp: Bewahren Sie Zahlungsbelege, Vertrag und Kommunikationsnachweise sorgfältig auf, da diese im Streitfall als Beweismittel dienen.
Bei Problemen Anwalt einschalten
Gerade bei hochpreisigen Coachings oder unkooperativen Anbietern kann die professionelle Unterstützung eines Anwalts entscheidend sein:
- Eine Kanzlei wie Kraemer.Law prüft Ihren Vertrag kostenlos und bewertet die Erfolgsaussichten
- Forderungsschreiben werden rechtlich einwandfrei formuliert und fristgerecht versendet
- Bei Bedarf erfolgt die gerichtliche Durchsetzung, auch bei gewerblichen oder selbstständigen Teilnehmern
- Experten können auch prüfen, ob der Anbieter Wertersatz geltend machen könnte – in der Praxis meist kaum möglich
Mit fachlicher Unterstützung erhöhen Sie Ihre Chancen auf schnelle, vollständige Rückzahlung und minimieren rechtliche Risiken.